Die Pandemie hat keine Macht über den Chorgesang

Die Pandemie hat keine Macht über den Chorgesang

Austausch des World Choir Council zur aktuellen Situation in den Chornationen

World Choir Council

Eine Zusammenfassung von Professor Alexander Soloviev, offizieller Vertreter von Russland im INTERKULTUR World Choir Council, (erschienen unter http://muzlifemagazine.ru/khorovoe-penie-nepodvlastno-pandemii/  am 15.07.2020)

Die choralen Wege führen uns seit über 20 Jahren  immer wieder bei den  World Choir Games zusammen, die als größtes Chorevent alle zwei Jahre in verschiedenen Orten der Welt ausgetragen werden und dazu sowohl Chorexperten als auch Chöre aus mehr als 100 Nationen der Welt einberufen.

Die World Choir Games 2020 sollten planmäßig in Flandern (Belgien) durchgeführt werden, mussten aber infolge der Pandemie auf kommendes Jahr verlegt werden.  Nichtsdestotrotz war jedoch das traditionelle Treffen der Mitglieder des World Choir Council, dem beratenden internationalen Gremium von INTERKULTUR im künstlerischen Bereich, virtuell im ZOOM-Format möglich, und namhafte Chorexperten und Chorleiter nahmen daran teil.

Der Präsident von INTERKULTUR, Günter Titsch (Deutschland), merkte an: “Die Sitzung der 70 Mitglieder des World Choir Council, insbesondere an diesen für uns alle schwierigen Tagen, ist eine sehr gute Möglichkeit, unsere Solidarität mit und die Einheit der weltweiten Chorfamilie zu zeigen, was uns ein zuversichtliches Gefühl für die Zukunft gibt! Unser erstes virtuelles Treffen gibt uns neuen Antrieb, den wir für die weiteren Besprechungen bzw. Konsultationen brauchen werden, um die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich des Chorgesangs zu meistern“.

Der künstlerische Direktor Johan Rooze (Niederlande/ Korea) hielt einen Vortrag, der praktische Ratschläge zum Thema „Fortbestand der Chöre in der digitalen Welt“ zusammenfasste. Während der Pandemie wurden diese und andere digitale Anwendungen zu einem beliebten Instrument zur Überwindung der kreativen Selbstisolierung, was sich auch auf den Probenprozess auswirkte. Die Praxis hat gezeigt, dass es heute nur eine Gelegenheit ist, soziale Kontakte zu erhalten, denn es war praktisch unmöglich, mit dem ganzen Chor gleichzeitig zu singen und zu musizieren - die technischen Möglichkeiten des Internets und der Software erlauben es nicht, synchrones Singen und direkte Interaktion zu erreichen. Aus entlegenen Gebieten wurde Besorgnis hinsichtlich der schlechten Qualität von Musikinhalten geäußert, die sich negativ auf die Bildung des Musikgeschmacks junger Menschen auswirke.

Gleichzeitig wurde eine Reihe positiver Aspekte der digitalen Interaktion im Chor festgestellt: die Möglichkeit, sich auf die individuelle Arbeit mit den Chorsängern als Teil des Probenprozesses zu konzentrieren; die Möglichkeit, zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Vorführung von Archivmaterial zu lenken; die Überwindung der Aufsplittung kreativer Kontakte und, als Beispiel, die Schaffung internationaler Projekte, insbesondere virtueller Chöre. Die Nachfrage nach Online-Musikunterricht nimmt zu, sofern ein Musiker einen Lehrplan findet, der seinen Bedürfnissen entspricht.

Soziale Integration ist in der heutigen Welt sehr wichtig. Musik hatte schon immer eine heilende Wirkung, daher ist es sehr wichtig, Menschen in der Rehabilitation zu helfen, indem man sie in den Proben- und Konzertprozess einbezieht. Interkultur engagiert sich aktiv in dieser Frage und organisiert viele Projekte, die Menschen mit körperlichen Behinderungen bei der Integration in das gesellschaftliche Leben helfen.

Hier die Eindrücke von Frau Inessa Bodyako, Leiterin der Vereinigung der Chorleiter in Weißrussland, nach ihren Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen:   „Das erste, was ich beim Blick auf die Bildfläche erlebte, war das Gefühl der Zugehörigkeit zu Menschen, denen nicht alles gleichgültig ist, zu denen, die sich in der Musik und in den sozialen Aktivitäten ihrer Länder und der ganzen Welt auskennen, zu denen, die offen, initiativ und freundlich sind, zu denen, die die Gegenwart schätzen und über die Zukunft in unserem Chorbetrieb nachdenken. In den letzten Jahren hat die Belarussische Musikakademie der Arbeit unserer Schüler mit Kinderchören für Sehbehinderte große Aufmerksamkeit geschenkt. Wir unterstützen sie in ihrem Wunsch, neue Möglichkeiten für die emotionale Entwicklung solcher Kinder zu eröffnen und methodische Empfehlungen zu erarbeiten.“

Bei dem Treffen wurden zunächst die XII. World Choir Games in der Republik Korea angekündigt, wohin das grandiose Chorfestival nach 20 Jahren zurückkehren wird, diesmal in die Stadt Gangneung. Korea ist bekannt für seine darstellenden Chorkünste, die bei den Menschen der Halbinsel beliebt sind und vom Staat intensiv unterstützt werden. Die Stadt Gangneung liegt in der Gangwon-Region, die auf eine lange Geschichte als Gastgeber internationaler Großveranstaltungen zurückblickt: 2018 wurde sie zum Austragungsort der Olympischen Winterspiele in PyeongChang, die dank des gemeinsamen Auftritts nord- und südkoreanischer Athleten als "World Games" in die Geschichte eingingen.

Zemfira Poloz (Kanada) betonte, dass "es eine sehr produktive Zeit war, um in solch schwierigen Zeiten Erfahrungen auszutauschen. Neue kreative Ideen werden uns auch in Zukunft begleiten. Ich möchte auf die hervorragende Forschung zur Umsetzung virtueller Projekte hinweisen - die Vor- und Nachteile der Arbeit mit digitalen Plattformen. Ich habe mich sehr gefreut, alte Freunde und Kollegen aus der ganzen Welt zu sehen. In diesem Sinne äußerte sich auch Gulmira Kuttybadamova aus Kasachstan: „Eine wichtige Aufgabe des Rates ist es, die Bemühungen der nationalen Chorverbände zu vereinen, um gemeinsame Ziele für die Weiterentwicklung der Profi- und Amateurchorkunst zu erreichen.“

Eines der zentralen Mottos von Interkultur - „Singing Together Brings Nations Together“ - hat seine Lebendigkeit wieder einmal unter Beweis gestellt, trotz der globalen Bedrohung durch die Pandemie.

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