Òscar Boada © INTERKULTUR

Wie man das Herz eines katalanischen Chorleiters berührt

Òscar Boada im Interview

Canta al mar - Festival Coral Internacional

Im März 2017 wurde der katalanische Chorleiter und Pianist Òscar Boada zum neuen Künstlerischen Leiter der INTERKULTUR-Veranstaltung Canta al Mar in Callela / Spanien ernannt. Im Rahmen eines Interviews spricht er über die zentralen Aspekte des internationalen Chorfestivals und -wettbewerbs Canta al Mar, die Vorteile von Chorwettbewerben und besondere emotionale Momente bei Chorveranstaltungen.

 

Aus Ihrer persönlichen Sicht: Was sind die wichtigsten Aspekte bei Canta al mar? Worauf werden Sie als Künstlerischer Leiter das Hauptaugenmerk legen?
Soweit es mich betrifft denke ich, dass die wichtigsten Punkte bei Canta al mar darin liegen, so viele ausgezeichnete Chöre aus der ganzen Welt wie möglich dazu zu bringen, hier anzutreten und ihre Musik mit uns zu teilen. Aus lokaler Sicht betrachtet liegt der Fokus darauf, viele Chortouristen nach Calella zu bringen, so dass diese kleine katalanische Stadt auch bei einer anderen Art von Touristen bekannt wird. Als Künstlerischer Leiter konzentrieren sich meine Bemühungen darauf, nicht zu viele Fehler zu machen und dafür zu sorgen, dass die Chöre ihren Aufenthalt bei uns genießen!!

Warum sollten sich Chöre dafür entscheiden, an einem internationalen Chorwettbewerb teilzunehmen – was sind die Vorteile für Chöre und Chorleiter?
Als erfahrener Teilnehmer bei internationalen Wettbewerben befürworte ich sie definitiv. Kinder lieben es, Wettstreite auszutragen, tatsächlich messen sie sich täglich mit anderen und daher sehe ich keinen Grund, warum die Teilnahme an Chorwettbewerben nicht gefördert werden sollte! Das gilt natürlich auch für Erwachsenenchöre. Die Vorbereitung für einen Wettbewerb ist ein Weg, um das Niveau des Chores zu steigern - und dies unabhängig vom gegenwärtigen Niveau des Ensembles. Bei guter Vorbereitung führt ein Wettbewerb stets zu einer Weiterentwicklung des Chores.

Sie waren bei Canta al mar mehrmals als Juror tätig – erinnern Sie sich noch an einen bestimmten Moment oder eine besondere Erfahrung in Calella, die Sie nie vergessen werden?
Canta al mar war stets ein besonderes Festival für mich und ich werde zwei Dinge nie vergessen: Den Wettbewerb der Frauenchöre 2014 und die unvergessliche Darbietung der Ensembles (Ich erinnere mich, dass allen Frauenchören Goldene Diplome verliehen wurden!) und der Auftritt meines eigenen Chores Cor Vivaldi, der zum „Konzert der Lichter“ in der Kirche von Calella eingeladen war. Die Resonanz des Publikums war absolut unbeschreiblich!

Als unser Künstlerischer Leiter aus Katalonien: Können Sie uns etwas über die Chortraditionen in Katalonien erzählen?
Katalonien ist ein chorgeprägtes Land. Tatsächlich konzentriert sich der Chorgesang in Spanien hauptsächlich auf zwei Regionen: Das Baskenland und Katalonien. Ihre Traditionen sind jedoch sehr verschieden. Während im Baskenland der Chorgesang aus dem Wunsch heraus entstand, nach einem guten und reichhaltigen Mahl zu singen, war der Chorgesang in Katalonien ein Weg, um Arbeitern bedeutende Musikwerke näher zu bringen und sie davon abzuhalten, Lieder mit zweifelhaftem Inhalt zu singen, die sie zum Beispiel in den Kneipen anstimmten. Dies hat unsere Art des Chorgesangs beeinflusst, und während baskische Chöre dazu tendieren, sowohl im Klang als auch im Ausdruck raumgreifend zu agieren, haben die katalonischen Chöre einen „entspannteren“ oder ruhigeren Zugang zur Chormusik. Interessanterweise basiert unsere Tradition nicht auf Kirchenchören, sondern ist überwiegend in nicht-kirchlichen Chorgemeinschaften verankert.

Sie haben Chöre aus allen Ecken der Welt erlebt und gehört. Favorisieren Sie einen besonderen Chor oder Chorliteratur aus bestimmten Ländern oder Regionen?
Es ist erstaunlich, wie sehr und wie schnell sich Dinge entwickeln. Länder, die vor 20 Jahren noch über nahezu keinerlei Chortraditionen verfügten, haben sich innerhalb der letzten 10 Jahre zu wahren Chornationen entwickelt. Ich habe stets (und tue es noch) das Niveau und die Klangfülle der philippinischen Chöre bewundert, aber während der World Choir Games in Sotschi rührte mich der erstaunliche Müller Chamber Choir aus Taipei zu Tränen (was mir in Bezug auf Musik sehr selten passiert). Ein unglaubliches Ensemble und eine fantastische Chorleiterin!

In Bezug auf Chorwerke war ich in meinen Anfangszeiten als Chorleiter ein Bewunderer der finnischen Schule. Heute favorisiere ich die Werke verschiedener Komponisten wie Kirby Shaw im Bereich Jazz und Pop oder des katalanischen Komponisten Albert Guinovart, der von uns bereits mehrfach beauftragt wurde, sowie die Werke vieler anderer Komponisten, mit denen ich bereits zusammenarbeiten durfte. Die Arbeit mit Komponisten ist einfach toll!!

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