Sirene (Türkei) beim Eröffnungskonzert © Matthias Bein

Fantastisches Eröffnungskonzert in Wernigerode

Internationale Chöre präsentieren ihre herausragenden Fähigkeiten

Johannes Brahms Int. Chorfestival & Wettbewerb

„Gemeinsames Singen verbindet Nationen.“ Das Motto von INTERKULTUR hat sich spätestens gestern Abend in der Sylvestri-Kirche in Wernigerode als wahr erwiesen. Zum Eröffnungskonzert des 10. Internationalen Johannes Brahms-Chorfestivals & Wettbewerb gaben vier Chöre aus vier unterschiedlichen Nationen ihre Musik vor einem noch multi-kulturelleren Publikum zum besten – mit großem Erfolg!

Die ersten Töne erklangen vom belgischen Jeugdkoor Waelrant. In sehr dynamischem Stil schaffte er es, sowohl die Kirchenwände wackeln zu lassen als auch das Publikum zu absoluter Stille zu bringen. Der Chor aus Antwerpen hatte die Einladung sehr ernst genommen: „Es ist uns eine Ehre, hier beim Eröffnungskonzert singen zu dürfen. Wir haben viel Arbeit in die Vorbereitungen gesteckt und jetzt wollen wir das dem Publikum zeigen und unsere Gefühle transportieren.“ Die Leiterin Marleen De Boo erzählte mir vor der Kirche von ihrem Chor: „Wir haben drei grundlegende Regeln. Erstens: Jeder, der dabei sein möchte, ist willkommen. Die zweite besagt, dass auch Freundschaft Teil der Musik ist. Und zu guter Letzt ist es viel wichtiger, mit Leidenschaft zu singen, als jeden Ton genau zu treffen.“

Auf der Bühne sieht (und hört) man dem Chor diese Prinzipien genau an. Das Ergebnis ist ein verblüffend präsenter Chorklang, sehr flexibel in Ton und Atmosphäre. Und es scheint, dass Singen mit Leidenschaft und genaue Tonhöhe sich nicht gegenseitig ausschließen.

Der zweite Chor kam vom Saint Stephen’s Girls‘ College in Hong Kong zu uns. In sehr exaktem Stil boten die Mädchen dem Publikum einen Teil ihres Wettbewerbs-Repertoires an. Sie beeindruckten mit meisterhafter Begleitung auf Horn und Flügel.

„Unsere Stimmen kommen vom weiten Meer“, charakterisiert sich das Ensemble Sirene aus der Türkei. Der Dirigent Volkan Akkoç hat sogar eine traditionelle türkische Folklore dieses Namens arrangiert, um seinem Chor einen Motto-Song zu verleihen. Mit nationalen und internationalen Stücken war es den Sirenen ein leichtes, das Publikum in ihre Welt der schwebenden Klänge zu locken – und die Chorkleider taten dabei ihr Übriges. Die vorgetragenen Stücke waren relativ kurz, aber hinterließen einen Eindruck der Flexibilität, besonders durch den schnellen Stil-Wechsel von romantischer Musik über ein modernes Sakralwerk bis hin zu den eigenen traditionellen Arrangements des Leiters.

Als krönenden Abschluss präsentierte der örtliche Kammerchor Wernigerode ein wirklich breit gefächertes Programm. Von europäischer Renaissance zu baskischer, zeitgenössischer Musik, von di Lasso bis Elberdin und Neske eröffneten die Alumni des Landesgymnasiums für Musik ein weites Repertoire, das für jeden Zuhörer etwas bereithielt. Das Ensemble befindet sich im Höhenflug, nicht nur was die Präzision angeht, sondern auch ihre Ausdrucksstärke. In Vorbereitung auf ihre Teilnahme an den World Choir Games in Südafrika nächstes Jahr sind alle Stücke bis ins Detail ausgearbeitet. Herausragender Auftritt sogar für einen so hochkarätigen, internationalen Chor wie diesen!

Insgesamt war das Konzert ein großer Erfolg! Sowohl das Publikum als auch die Chöre waren sehr zufrieden mit den Auftritten. Wenn man jedoch die Zuhörer fragt, welcher Chor ihnen am besten gefallen hat, zeichnet sich eine klare Verbindung zwischen der Antwort und Nationalität des Befragten ab. Ein Zitat von einem Kammerchor-Fan: „Man ist und bleibt halt doch Wernigeröder. Daran ist man gewöhnt.“ Aber zeigt das nicht nur umso mehr, wie wichtig das INTERKULTUR-Motto wirklich ist? Sich neuem und anderen Musikstilen von überall her zu öffnen und auf dieser Basis Kontakte zu schließen? Das Festival nicht nur als Wettbewerb zu sehen, sondern auch als ein Ereignis, das „Nationen verbindet“?

(Lucas Waclawczyk)

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