Südafrikanischer Chor auf der Bühne | Wie man das richtige Repertoire für den Chor auswählt © Nolte Photography

Wie man das richtige Repertoire für seinen Chor auswählt

Die wichtigsten Schritte zum perfekten Konzertprogramm

Über den Chorgesang

Die Rolle von Chorleiter*innen geht weit über die bloße Leitung einer Gruppe von Sängerinnen und Sängern hinaus. Dirigent*innen sind lieben die Musik, sind leidenschaftliche Pädagog*innen und einflussreiche Führungskräfte...

Die Auswahl des richtigen Repertoires für einen Chor ist natürlich ein entscheidender Moment in der Chorleitung: Geht sie schief, kann sie auch für leidenschaftliche Musiker*innen entmutigen, und es ist leicht, sich in der großen Masse an Chorliteratur zu verzetteln.

Das Repertoire sollte natürlich in der Lage sein, das musikalische Potential der Sängerinnen und Sänger zu erweitern, aber inwieweit ist es möglich, die richtige Balance zwischen ambitionierten Zielen und genau der Musik zu finden, die zu dem jeweiligen Chor passt? Wie wählt man Stücke aus, die den Sängerinnen und Sänger neue musikalische Konzepte aufzeigen, dabei großartige Lektionen bieten, und gleichzeitig ein unvergessliches Aufführungserlebnis schaffen?

Wir denken, dass die Auswahl in zwei Schritten erfolgen sollte: zunächst unter Berücksichtigung der allgemeinen Chorpraxis und des musikalischen Werdegangs der Chorsängerinnen und Chorsänger, anschließend im Hinblick auf ein bestimmtes Ereignis wie einen Auftritt oder einen Wettbewerb.

In diesem Artikel haben wir einige Aspekte zusammengestellt, die man jeweils für die einzelnen Schritte beachten sollte.

Schritt 1: Auswahl eines Repertoires unter Berücksichtigung der Chorpraxis und des Werdegangs der Sängerinnen und Sänger

Will man die Chorpraxis und den Werdegang der Sängerinnen und Sänger berücksichtigen, sollte man für sich einige Fragen zum eigenen Chor beantworten: 

A) Welchen Stimmumfang hat der Chor? 

Der erste, grundlegende Faktor, den es bei der Auswahl des Chorrepertoires zu berücksichtigen gilt, ist der Stimmumfang der Sängerinnen und Sänger.

Beim Blick auf das gewählte Stück lohnt es sich, jede einzelne Gesangsstimme genau zu prüfen: Wie hoch ist die Tonlage? Ist der Tonumfang für die Altersgruppe des Chores geeignet? Können die Soprane das hohe B acht Takte lang erreichen (und halten!)?

Sollte es mit dem Tonumfang Probleme geben, sollte man sich überlegen, ob diese mit einigen Anpassungen in den Stimmen gelöst werden können, ohne das Stück in seiner Gesamtheit zu beeinträchtigen.

 

Die nächste Frage ist dann, ob die Sängerinnen und Sänger das Stück tatsächlich singen können. Ist es eine gute Herausforderung dar, ohne unrealistisch zu sein?

B) Welches Niveau hat der Chor? 

Es gibt Chöre, die, obwohl sie Amateurchöre sind, in Wettbewerben wahnsinnig konkurrenzfähig sind, in der Chorszene renommiert und international bekannt sind. Dies ist zum Beispiel bei den Spitzenchören in der INTERKULTUR-Weltrangliste der Fall. In solchen Fällen kann man davon ausgehen, dass alle Sängerinnen und Sänger mehr oder weniger auf demselben (hohen) Niveau sind. Die Auswahl sehr einfacher Stücke oder ein sich wiederholendes Repertoire könnte sie langweilen oder frustrieren.

Wenn man hingegen den Chor einer Gemeinde leitet, der allen Sängerinnen und Sängern offensteht, könnte die Auswahl extrem technisch anspruchsvoller Stücke einen großen Teil der Sängerinnen und Sänger entmutigen. Das bedeutet nicht, dass ein Chor, der zu diesem Zeitpunkt nur mit der pentatonischen Tonleiter vertraut ist, auf Soli und Rhythmen, die er noch nicht gelernt hat, verzichten sollte. Eine kleine Herausforderung ist immer eine gute Idee, und das Lernen sollte immer Teil des Prozesses sein, auch wenn der Chor nur zum Spaß zusammenkommt.

Daher ist es wichtig, die Fähigkeiten der Sängerinnen und Sänger im Auge zu behalten und Stücke auszuwählen, die sie in neue rhythmische und melodische Konzepte einführen, ohne sie zu überfordern.

Mit der Zeit, durch Übung und verschiedene Versuche wird sich herausstellen, was für die Gruppe am besten funktioniert.

 

Ein weiterer guter Ausgangspunkt für die Auswahl des Chorrepertoires ist die Kenntnis der "Motivationen" der Chorsängerinnen und Chorsänger.

C) Was ist die Motivation des Chors? 

Wie wir alle wissen, ist jeder Chor einzigartig, aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Beweggründe der Sängerinnen und Sänger, sich einem Chor anzuschließen, ebenso einzigartig sind.

Einige Chöre träumen davon, sich einen Namen zu machen und internationale Wettbewerbe und Preise zu gewinnen. Andere Gruppen von Sängerinnen und Sängern wollen einfach nur zusammenkommen und gemeinsam Spaß haben.

Im zweiten Fall wäre die Auswahl einer sehr anspruchsvollen Reihe von Stücken nicht motivierend, sondern eher überwältigend und frustrierend.

D) Wer gehört zum Chor? Passt er zur Bedeutung des Stücks? 

Die Berücksichtigung der demografischen Zusammensetzung des Chors kann in zweierlei Hinsicht hilfreich sein.

Durch sie kann man herausfinden, was den Sängerinnen und Sängern wirklich Spaß machen könnte, was sie wirklich gerne singen würden.

Natürlich ist es fast unmöglich, es allen recht zu machen, aber wenn die Gruppe aus älteren Menschen besteht, ist es leicht zu erkennen, dass Lieder über die Gefühle von Teenagern nicht die intuitivste Wahl sind. Oder vielleicht doch...?

In letzter Instanz sollte man noch einmal tiefer in die Bedeutung des Stücks eintauchen, um seinen Text, mögliche historische Bezüge und seine Tragweite zu erkennen: Schließt das Stück alle ein? Ist es den gegebenen Begleitumständen angemessen?

E) Das richtige Gleichgewicht zählt!

Bei der Auswahl des Repertoires ist es wichtig, alle Gesangspartien zu bewerten: In jedem Stück sollte jede Stimmgruppe im Chor sowohl einige Herausforderungen als auch einige bequemere Teile beinhalten.

Wenn ein Teil der Sänger*innen ausschließlich sehr anspruchsvolle Teile singen müsste und ein anderer Teil hingegen nur Begleitstimmen, würde kaum jemand das Stück genießen.

Wichtig ist, ein Gleichgewicht in der Repertoireauswahl zu finden und den Fluss des Stücks aus der Sicht der einzelnen Stimmgruppen zu betrachten.

F) Vielfalt schaffen

Einige Chöre halten sich strikt an eine einzige Kategorie, andere experimentieren gerne mit mehreren Genres und Stilen.

Um die Chorsängerinnen und -sänger zu stimulieren, sie zu unterrichten und ihre Fähigkeiten zu verbessern, sollten man im Chor mit verschiedenen Tempi experimentieren, sich in verschiedenen Sprachen herausfordern und sich in verschiedenen Stilen bewegen können.

Und dann geht es darum, weiter zu denken: Wie viel Variation gibt es, z.B. zwischen traditionellen Volksliedern und neuer Chorliteratur?

Selbst für Chöre, die auf eine bestimmte Kategorie festgelegt sind, kann es aufschlussreich sein, Stücke aus anderen Genres und Zeiten zu singen, um an einem bestimmten Thema zu arbeiten, mit dem man sich bisher schwergetan hat.

Dies sind einige grundlegende Richtlinien für die Auswahl des Chorrepertoires.

Wichtig ist aber, dass man zwar immer die Motivationen und Wünsche der Sängerinnen und Sänger berücksichtigen sollte, dass man aber dennoch selbst die LEITUNG des Chors innehat.

So wie Kinder oft dazu überredet werden müssen, ihr Gemüse zu essen, sind manchmal anspruchsvolle und vielleicht "unbequeme" Stücke der einzige Weg, um als Sänger*in zu wachsen!

Schritt 2: Auswahl des Repertoires im Hinblick auf ein Konzert oder einen Wettbewerb

Bei der Auswahl des Repertoires für einen bestimmten Anlass lohnt es sich, über die Art der Veranstaltung selbst nachzudenken.

A) Was ist der Anlass für den Auftritt? 

Handelt es sich um ein Konzert? Hat es ein Thema? Wird eine Wohltätigkeitsorganisation unterstützt? Eignen sich die Stücke für den Rahmen der Veranstaltung?

Handelt es sich um einen Wettbewerb? Geht es dann darum, bestimmte Fähigkeiten und Talente ganz besonders hervorzuheben, um die Jury zu beeindrucken?

B) Wo findet der Auftritt statt

Man stelle sich vor, Stücke mit heiklen solistischen Momenten für ein Konzert unter freiem Himmel mit unberechenbarer frischer Luft auszuwählen... Oder man stelle sich vor, genau diese Stücke für ein feierliches Konzert in der stimmungsvollen Kulisse einer Kirche ausgewählt zu haben!

Der Veranstaltungsort sollte bei der Auswahl des Repertoires für einen bestimmten Anlass immer eine große Rolle spielen.

Idealerweise gibt es die Möglichkeit, den Konzertort vorher einmal selbst zu besuchen und sich ein eigenes Bild von den akustischen Gegebenheiten zu machen.

C) Wie viel Zeit bleibt bis zum Auftritt? 

Bei der Vorbereitung auf eine bestimmte Aufführung ist es wichtig, den realistischen Zeitaufwand für das Erlernen eines bestimmten Stücks zu berücksichtigen.

Es ist wichtig, sich zu überlegen, wie viel Zeit zur Verfügung steht und wie viel Zeit das Stück nicht nur zum Erlernen braucht, sondern auch bis zum sicheren Singen durch die Chorsänger*innen. Ist dies möglich, ohne dass die Sängerinnen und Sänger unter dem Stress und Druck zusammenbrechen?

Eine sorgfältige und realistische Planung der nächsten Proben, bei der auch mögliche unvorhergesehene Verzögerungen eingeplant werden sollten, ist der beste Weg, sich auf eine Aufführung vorzubereiten.

Stellt man fest, dass die Zeit begrenzt ist, ist der beste Weg, nur ein oder zwei neue Stücke auszusuchen und ansonsten ein bestehendes Repertoire zu wiederholen: So gibt es eine Herausforderung, ohne die Gruppe dabei zu überfordern.

D) Wer sitzt im Publikum?

Bei der Vorbereitung auf ein Konzert ist es außerdem wichtig, auch an das Publikum (oder die Jury eines Wettbewerbs) zu denken.

Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Texte dem Anlass angemessen und nicht potenziell beleidigend oder peinlich berührend sind.

Und natürlich darf man bei den Überlegungen zum Publikum auch nicht vergessen, was ihm überhaupt gefallen könnte: Das erste und wichtigste Merkmal eines gelungenen Auftritts ist Abwechslung!

E) Vielfalt ist der Schlüssel zum Erfolg

Wie auch in der normalen Probe ist beim Auftritt die Vielfalt der Schlüssel zum Erfolg.

Das Programm sollte ständig variieren: in Stil, Tempo, Text, Schwierigkeitsgrad, Länge der Stücke, Stimmung, Sprache, Tonart, Textursprung, Taktart, Begleitung.

Bei einer Aufführung sorgt ein abwechslungsreiches Repertoire dafür, dass sich das Publikum viel stärker engagiert. Auch bei einem Wettbewerb ist Abwechslung ein optimaler Weg, um den Juroren die vollen Fähigkeiten der Sängerinnen und Sänger unter verschiedenen Gesichtspunkten zu präsentieren.

Dennoch ist es wichtig, daran zu denken, dass Abwechslung nicht gleichbedeutend ist mit dem Versuch, jedem oder potenziellen Zuhörer*in zu gefallen.

Außerdem sollte man bei der Auswahl des Repertoires nicht jedes Stück als Einzelstück betrachten, sondern als Teil eines Gesamterlebnisses: Die Stücke sollten miteinander kommunizieren, sich verbinden und zusammenwirken, um so eine fließende musikalische Reise zu schaffen.

 

All dies sind die ersten Punkte, die bei der Auswahl des Repertoires für einen Chor beachtet werden sollten. Das Wichtigste für die Chorleitung ist jedoch, dass man die Musik, die man für die Sängerinnen und Sänger auswählt, selbst liebt.

Nur wer ein Stück liebt, kann einem Chor dessen Bedeutung und Klang wirklich vermitteln. Nur durch die eigene Begeisterung lassen sich Sängerinnen und Sänger wirklich inspirieren und auch bei schwierigen Proben motivieren.

Und nicht vergessen: Alle Beteiligten werden diese Stücke mehrere Wochen lang immer und immer wieder hören, an guten und an schlechten Tagen... sie wirklich zu lieben, könnte sich nach einer Weile als sehr nützlich erweisen!

 

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