KYN © INTERKULTUR

Crossover Chormusik

Finnisches Ensemble KYN spricht über die Liebe zum Ethno Jazz

Internationale Chorszene

Crossover zu musizieren, bzw. mit verschiedenen Stilrichtungen zu experimentieren, ist ein Bestandteil fast jeder Musikepoche. Beste Beispiele sind hierfür der Stargeiger David Garett, der Pop und Klassik fusioniert, die Einflüsse der Opernmusik bei Mozarts sakralen Messen, Frank Zappa, der sich von den komplexen Kompositionstechniken der klassischen Moderne inspirieren ließ, oder der ungarische Komponist Béla Bartók, dessen Tonsprache sich an der Volksmusik orientierte.

Auch die Chormusikszene greift immer wieder gerne auf solche Crossover-Formen zurück oder wagt selbst Experimente, wie beispielsweise der finnische Frauenchor KYN, der den Ethno Jazz für sich entdeckt hat. Ethno Jazz ist eine in den 1980er Jahren geprägte Bezeichnung für einen Jazzstil, der volksmusikalische Elemente (Ethno-Musik) miteinbezieht, sozusagen ein Crossover aus Jazz und Volksmusik.

Beim Fest der Chorkulturen und Grand Prix of Nations Berlin 2017 Anfang Februar haben wir KYN getroffen und mit Susanna Kantelinen, einer Sängerin des Ensembles, über die Besonderheiten des Crossovers Ethno Jazz gesprochen.

Eine erste Präsentation, quasi ein Experiment mit Ethno Jazz bei einem Wettbewerb in Italien war wegweisend für die musikalische Orientierung des Chores, erzählt Susanna. Die Juroren bewunderten vor allem die Stärke, mit der der Chor sein lebendiges Programm präsentierte. Ermutigt durch das Lob der Experten, suchte KYN daraufhin verschiedene finnische Komponisten und Arrangeure auf, um diese von der Idee zu überzeugen, traditionelle Chorlieder in einer zeitgemäßen und frischen Interpretation zum Strahlen zu bringen. So wurden finnische Folklore und traditionelle Lieder (in Form von Texten, Melodien oder Begleitinstrumenten) mit Rhythmen und Harmonien des Jazz verbunden.

Grund für eine Neuorientierung des Repertoires sei vor allem die Experimentierfreude, der Zeitgeist und das Verständnis von Musik im 21. Jahrhundert gewesen, meint Susanna: „In der heutigen Zeit sind die Menschen viel mehr mit populären Musikgenres wie dem Jazz vertraut. Mit der Verbindung beider Musikstile erhalten die alten Lieder und Traditionen einen frischen Klang. Sie berühren den Zuhörer und es ist einfach ein Erlebnis zuzuhören, da man immer wieder Elemente heraushört, die einem bekannt erscheinen.“

Die Stücke, die KYN in Berlin präsentierte, ermöglichten auch dem wenig geschulten Publikum einen guten Eindruck vom Ethno Jazz. Bei den Auftritten kamen außerdem Instrumente zum Einsatz, die weniger als Begleitinstrument, sondern vielmehr als eigenständige Stimmen fungierten und dem Chor gleichgestellt waren. Susanna spricht von einem genussvollen ‚Zusammenspiel der Stimmen‘.

Bei „Outo Kantele“ von Jukka Linkola, einem der in Berlin präsentierten Stücke, kam neben dem Klavier das Akkordeon als traditionelle Komponente zum Einsatz, das hier vor allem zur Atmosphäre des Stückes beitrug, über die Susanna schwärmt:  „Der Song gleicht wirklich einer mystischen Welt, bei der du nicht weißt, ob es wahr oder ein Märchen ist. Es ist wirklich Folklore, eine traditionelle mystische Geschichte“.

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Aufgefallen ist der Chor auch durch seine Bühnenpräsenz. Den ausgefallenen Rhythmen und Arrangements nicht genug, studierten die Sängerinnen zu jedem der Ethno Jazz-Stücke eine eigene Choreografie ein. Sowohl die Dirigentin als auch der Chor hatten dafür eigene Ideen eingebracht: „Ich denke, wir sprechen mehr von Spaß oder Experimentierfreude als von Seriosität. Wir möchten mit unserer Choreografie zusätzlich zur Musik eine Geschichte erzählen. Zum einen gibt es die Handlung, zum anderen die Emotionen, mit denen man das Publikum berühren möchte.“

Berührt hat KYN mit seinen experimentellen Volksmusik-Jazz-Arrangements in jeden Fall. Für ihre herausragenden Auftritte haben sie nicht nur den Grand Prix in der Kategorie „Frauenchöre“ gewonnen, sondern belegen nun auch Platz 6 der „Frauenchöre“ in der INTERKULTUR-Weltrangliste.

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